BARA E AILEEN SÃO BRASILEIRAS: E R S T E

Donnerstag, 26. Februar 2015

Porto Alegre

Porto Alegre; Blick vom Hostel

Porto Alegre; Blick vom Hostel-Balkon

Die Plastiktüte

Der Antichrist in Form einer Plastiktüte

Ungewollt oft werden wir hier in Brasilien mit Plastiktüten konfrontiert. Hier scheint eine allgemeine Begeisterung für das Einpacken zu herrschen. An einer Kasse in einem herkömmlichen brasilianischen Supermarkt arbeiten für gewöhnlich zwei bis drei Angestellte. Der Kassierer UND ein bis zwei Einpacker, die dafür zuständig sind, die Ware des Kunden ordentlich in Tüten zu packen. Und das wird hier auch gewissentlich von den »Einpackern« umgesetzt. Da wird auch gerne mal eine Tüte pro Produkt verwendet und auch die Tomaten, die sich schon in einer Plastiktüte befinden, bekommen eine weitere – die erste Plastiktüte könnte ja reissen oder es könnte ihnen ja kalt werden.
Der Gang zur Kasse kann so schon mal zur Tortur werden und an die kleine Choreografie – »Não, obrigada, não preciso« (»Nein Danke, brauche ich nicht.«) und das Auspacken aus den Plastiktüten des zuvor Eingepackten – haben wir uns schon gewöhnt.
Oft wird man dabei interessiert, verwundert oder auch pikiert von den »Eintüterinnen« (uns ist keine andere Bezeichnung für den in Deutschland nicht existierenden Job eingefallen) gemustert, was bei uns jedes mal für Verwunderung sorgte. Bis vor Kurzem, als wir aufgeklärt wurden. Denn das Nicht-benutzen von angebotenen Plastiktüten und das Einpacken in mitgebrachte Stoffbeutel wird hier gleichgesetzt mit dem eigenständigen Abwaschen von seinem schmutzigen Geschirr nach dem Essen in einem Restaurant.
Ein interessanter Vergleich. Für uns aber immer noch unverständlich.

Ein mexikanischer Grund für den deutschen Bierkonsum

Falls ihr schon immer mal wissen wolltet warum wir Deutschen so viel Bier und Wein trinken, haben wir hier die Erklärung für euch:
Laut einigen mexikanischen Austauschstudenten, die wir hier in Brasilien kennengelernt haben, sind sich Professoren der mexikanischen Universitäten einig, dass in Europa und besonders in Deutschland ein extremer Wassermangel herrsche. Ursächlich für dieses Mangel seien wohl fehlende Flüsse, Seen, Meere, Regen?! Resultierend aus dieser Annahme, müssen wir Europäer unseren Wasserverbrauch also rationieren, was vermehrten Körpergeruch und trockene Kehlen zu Folge haben müsste. Um dennoch eine Flüssigkeitszufuhr zu gewährleisten, müssen wir also - sehr zu unserem Leidwesen - das fehlende Wasser mit Bier und Wein kompensieren. Fraglich bleibt nur, woher wir die Flüssigkeit für diese Gebräue ziehen…
Man bekommt hier immer wieder Klischees über Deutschland und Deutsche – »Oktoberfest!!!« – zu hören, aber diese Geschichte ist mit Abstand die Lustigste die wir hier über Deutschland erzählt bekommen haben.

Erschlagen von Facebook und Co.

Was uns auch sehr überrascht ist die starke Abhängigkeit von Facbook, Whatsapp, Instagram und anderen sozialen Einrichtungen. Wir beiden haben noch nie ein Land kennengelernt in dem so viel Lebensinhalt, so viel Zeit und so viel »Freunde« auf Facebook und Co. geteilt, gemacht, verbracht und investiert wird. Es ist nicht unüblich, dass kaum zwei Worte miteinander geredet werden und schon nach Facebook und/oder Handynummer gefragt wird, von beiden Geschlechtern gleichermaßen. Dass Aileen keinen Facebook-Account hat, wird hier mit offenen Mündern und der Frage, wie sie denn mit Ihrer Familie und Freunden in Deutschland kommuniziert, quittiert. Mails, Skype und telefonieren scheint hier sehr out und nicht bekannt zu sein.

Auf den ersten Blick

Was uns hier in Brasilien besonders interessiert und auch immer wieder Thema ist, wenn wir mit Brasilianern reden, ist ihre Wahrnehmung von Brasilien und Deutschland. Dabei kamen immer wieder Ansichten zum Vorschein, die wir als Deutsche erstmal anders beurteilen würden und uns überraschten. Beispielsweise ist Deutschland für Brasilianer ein absolutes Traumland. Warum? Sie finden, dass es ein Land ist, in dem alles funktioniert, in dem es keine Korruption gibt, in dem die Wirtschaft stabil ist und genug Geld vorhanden ist. Im Vergleich zu dem, was in Brasilien nicht funktioniert, mag dies auch in einigen Punkten stimmen, dennoch sehen wir als Deutsche die Lage in Deutschland etwas kritischer. Für uns ist es kein Land, in dem alles »funktioniert«, was beispielsweise die neusten, äußerst fragwürdigen Bewegungen angeht. Davon bekommen Brasilianer hier nichts mit. Für sie ist es ein strahlendes Land, das es geschafft hat.
In Brasilien herrscht derzeit eine eher unruhige Stimmung die sich am Sonntag (15.3.) in landesweiten Demonstrationen entladen könnte. Grund hierfür sind die Korruptionsvorwürfe gegen die Präsidentin Dilma Rousseff in Verbindung mit dem Wirtschaftsriesen und Ölkonzerns Petrobras. Ziel der Proteste ist es die Präsidentin abzusetzen und die Umstände zu verbessern. »Das Problem dabei ist leider, dass hier viele nicht einen Schritt weiter denken«, sagte uns ein Brasilianer. Denn selbst wenn die Präsidentin abtreten würde, bliebe die Korruption weiter bestehen, da das hier kein Problem einer einzelnen Person, sondern des ganzen Systems ist, das regiert.
Daher sind wir sehr gespannt und interessiert, was sich am Sonntag ergeben wird und inwiefern hier eine Veränderung zu vermerken ist. Gleichzeitig werden wir diese Proteste und Meinungen in filmischer Dokumentation festhalten.

BARA E AILEEN SÃO BRASILEIRAS

Donnerstag, 26. Februar 2015

E R S T E – E I N D R Ü C K E

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