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Donnerstag, 26. März 2015



II.  B R A S I L   É …


  • Uni-Kurse finden hier meistens am Abend statt – oft bis 22:30 Uhr – da viele Studenten tagsüber arbeiten müssen um die Uni bezahlen zu können.

  • Die Woche »beginnt« am Sonntag und wird mit Montag, segunda-feira, Dienstag terça-feira, Mittwoch quarta-feira, Donnerstag quinta-feira und Freitag seixta-feira fortgesetzt. Sehr verwirrend für uns.
  • Bei dem Besuch eines brasilianischen Nationalparks mussten wir zu unserem Leidwesen feststellen, dass direkt nebenan ein Flughafen existiert, der es Touristen ermöglicht auf dem schnellsten Wege zum Nationalpark zu kommen. Leider wird hier nur ein Schritt weiter gedacht und die Folgen der Verschmutzung durch die Flugzeuge die über den Park fliegen, nicht registriert. Genauso erschreckend wie ein Hubschrauberlandeplatz direkt neben einem Vogelpark.
  • GROSS! Man fährt 19 Stunden und mehr mit dem Bus und ist immer noch in dem selben Land. In Europa wäre man über die Schweiz und Italien schon in Sizilien gelandet.
  • An einigen Stellen muss der Brasilianer weniger Eintritt zahlen, als der Ausländer...
  • Wie im Zoo. In Brasilien sind nahezu alle Häuser mit Gittern umzäunt. Das Sicherheitsbedürfnis scheint hier sehr hoch zu sein. Dafür schließt man sich auch selber gerne mal weg. Zudem zählt hier ein Hund mit ausgewachsenem Stimmorgan, der seine Runden am Zaun zieht, zum Häuschen dazu.


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Sonntag, 15. März 2015


 




C A X I A S - D O - S U L


Nach einem schweren Abschied von der Trauminsel Floripa, die selbst bei Brasilianern ganz oben auf der Reiseliste steht, fuhren wir durch die Nacht in das morgendliche leergefegte Caxias do Sul, dem Ort, an dem wir nun vier Monate verbringen sollten.
Wenn man reist, ist man es gewohnt das Gewicht seines ganzen Lebens in Form eines Backpacks auf den Schultern zu tragen und hat dabei die Sicherheit, nie zu lange an einem Ort zu verweilen und somit der Gefahr des Stillstandes und des Alltages zu entkommen. Nicht so in Caxias, da dies der erste Ort im Ausland sein wird in dem wir uns einen Alltag aufbauen müssen. Daher sind wir mit einem sehr kritischen Blick und leichter Melancholie in dieser Stadt angekommen.

Unser erstes Zuhause hier, war das von Couchsurfern, die sich bemühten, uns den Einsteig in das Land, die Leute und die Stadt so leicht wie möglich zu machen.


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CAXIAS
Das brasilianische Pendant zu Saarbrücken.
  Willkommen zu Hause

Als wir im Vorhinein die Stadt in Reiseführern versuchten kennenzulernen, wurde sie nirgends eines Eintrages gewürdigt. Daraus schlossen wir, dass wir es hier mit einer Stadt zu tun haben werden, die es nicht wert ist, erwähnt zu werden und mit kaum spektakulären Sehenswürdigkeiten oder Ähnlichem bestechen wird.

Wir leben hier in einer Stadt, deren Straßen wie auf Karopapier gemalt wurden, und dessen Papier durch die steilen Hügel dazwischen gewellt wird. Die hohen und noch höheren Häuser, die diese Straßen säumen, haben graue Fassaden und spiegeln den Glanz von Abgasen und alten 50er Jahre-Bauten wieder. Die Stadt ist nicht sonderlich attraktiv und sprüht auf den ersten Blick wenig Kreativität oder Jugendkultur aus. Eine Erklärung für diese Dinge gibt die Geschichte der Stadt, denn Caxias ist verhältnismäßig jung. Sie wurde erst 1890 von italienischen Einwanderen gegründet, was heute noch der viele Wein, der hier angebaut wird, verrät. Nach alten prunkvolle Gebäuden oder historischen Plätzen kann man hier also lange suchen. Dennoch gibt es Orte, die uns auf Anhieb versprachen Geschichten zu erzählen und mehr Inhalt zu besitzen als der äußere Schein zugibt.

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Universidade

Zusammen mit der Frage, ob wir uns in dieser Stadt jemals wohl und ein Stück zu Hause fühlen werden, paarte sich die Sorge unseres universitären Ausflugs. Im Vorhinein befürchteten wir, wegen mangelnder Information seitens der Uni, hier gar nicht erwartet zu werden und letztendlich als blinde Passagiere zu studieren.

Freitag war dann jedoch jener Tag, an dem sich diese Befürchtungen in Luft auflösten. Der Tag des Kennenlernens für die Austauschstudenten. Neue Uni, neue Menschen, neue Sprache.

Obwohl … im Allgemeinen erwartet man von solch einem Treffen für Austauschstudenten, die gerade neu in einem Land angekommen sind, dass die Informationen in einer universell verständlichen Sprache, sprich Englisch, vermittelt werden. Dort allerdings durften wir gleich in den Genuss des reinen und schnellen Portugiesisch kommen und uns promt den anderen Austauschstudenten auf eben dieser Sprachen vorstellen. Fast schon ironisch dabei war, dass die Ankündigung für einen im Semester stattfindenden Portugiesisch-Sprachkurs, auf portugiesisch gegeben wurde.

Dennoch führte uns dieser Tag mit einem Schlag in das caxiensische Sozialleben ein, denn wir lernten auf einmal so viele nette, hilfsbereite und interessierte Menschen kennen, die uns direkt zu einem Openair-Konzert mitschleppten. Stück für Stück wurde Caxias interessanter und schöner für uns. Die tägliche Bekanntschaft von neuen Leuten und einheimischen Studenten, die ihre Stadt von der Besten Seite zeigen wollen, ließ unsere Meinung und unser Gefühl sehr schnell ins Gute kippen und wir lassen den Alltag mehr und mehr zu.

F L O R I A N O P O L I S – F O T O S




















F L O R I P A

»Eine der schönsten Inseln der Welt.« – Keine geringere Auffassung als diese wurde uns über Florianópolis berichtet. Entsprechend hoch waren unsere Erwartungen über die Insel, die wir uns ausgesucht hatten um in der ersten Wochen auf die schönste Weise von Brasilien empfangen zu werden. Und wir wurden nicht enttäuscht. Leider zerstörte anfangs der deutliche Kontrast von Beton-Hochhäusern und Massentourismus der Hauptstadt zur unberührten Natur im Süden unsere Erwartungen von »einer der schönsten Inseln der Welt«, aber – im Paradis darf man sich nicht beklagen. Und in Barra da Lagoa, einem verschlafenen kleinen Hippie-Dörfchen, zeigte sich die Insel dann von ihrer schönsten Seite.

Eine Woche lang durften wir Ausspannen, in Brasilien ankommen, das Klischee-Strand-Leben von Brasilien beobachten und genießen. Nach einem langen, kalten und stressigen Winter in Deutschland, spürten wir endlich wieder die Sonne.

Dass wir jetzt wirklich in Brasilien angekommen sind und hier leben werden, haben wir immer noch nicht realisiert und die Tatsache, dass wir in Floripa unter anderem nur Argentinier, Uruguayer, Israelis und Chilenen aber fast keine Brasilianer kennengelernt haben, unterstützte unsere noch-nicht-realisieren-Situation. Trotzdem konnten wir sanft in die südamerikanische Art und Lebensweise hineingleiten und beunruhigend schnell passten wir uns an die Art des zu-spät-kommens an. Nicht selten mussten wir sanft aufgefordert werden sich nach deutscher Zeit zu treffen und nicht nach Brasilianischer, 15-30 Minuten zu spät.

Zu spät angekommen, beschreibt auch ganz gut unser Gefühl das uns am ersten Tag am Strand beschlich als wir einander beinahe geblendet wurden von der Helligkeit unserer Winterhaut in Mitten der südamerikanischen Urlauber und ihrer spätsommerlichen Knack-Bräune. Herausgestochen sind wir hier sicher nicht nur aufgrund unserer Blässe sondern auch durch unsere Bikiniwahl, die sich – Achtung Klischee wird bestätigt – von den knappen Stofffetzen der Strandschönheiten unterschieden.

Noch schöner wurde die Zeit als Bara am 1. März ihren Geburtstag unter der Sommersonne und Palmen, am Strand und im Meer und einem original Karneval-Kostüm verbringen durfte. Für jemand, der immer im Spätwinter Geburtstag hat, eine Wohltat. Dass Geburtstagslieder auf sechs verschiedenen Sprachen (portugiesisch, spanisch, hebräisch, französich, deutsch und englisch) von unseren Bekannten dort gesungen wurden, machte den 25. zu einem Besonderen.

Entsprechend schwer war es für uns in den Bus nach Caxias do Sul, der Stadt in der wir studieren sollten, zu steigen. In unseren Köpfen herrschte ein ständiger Vergleich

Von Floripa nach Caxias
von Sonne zu Regen und Schnee im Winter
von Urlaub zur Uni (die im Vergleich zur Deutschland für uns 6 Wochen zu früh anfing)
von Strand in die Berge

der es uns, wir sind ehrlich, schwer fallen ließ, sich auf Caxias zu freuen.